01/01/2023

Jahresrückblick 2022 und Ausblick auf 2023

Das vergangene Jahr 2022 wird von Wirtschaftshistorikern schon jetzt als „Annus horribilis“ gekennzeichnet.

Gründe für das desaströse Abschneiden von Aktien und Bonds gibt es viele: Ukrainekrieg, Pandemie, Inflation, Energiekrise. Historisch eines der schlechtesten Jahre überhaupt. Anleihen erzielten die schwächste Performance der letzten 97 Jahre. Bei Aktien sah es nicht viel besser aus. Anleger, die mit wenig Risiko investierten, haben genau so viel verloren, wie diejenigen mit hohen Aktienquoten.

Seit 1926 gab es gerade einmal sechs Jahre, in denen Aktien noch stärker fielen als in den vergangenen zwölf Monaten: 1930, 1931, 1937, 1974, 2002 sowie 2008. Jahre in denen Aktien und Renten eine negative Performance erzielen kamen in der Vergangenheit äußerst selten vor: Seit 1926 war das nur siebenmal der Fall.

Nach dem schlimmsten Jahr für globale Aktien seit mehr als einem Jahrzehnt und einer in diesem Jahrhundert beispiellosen Talfahrt bei Anleihen, wollen einige Großanleger für das Jahr 2023 gar nichts mehr ausschließen, berichtet Bloomberg News und die Analysten von Blackrock bekunden: Die Aktienmärkte spiegeln die ganzen Verluste noch nicht wider.

Mit diesen Einschätzungen gehen auch wir konform. Die Indikatoren verweisen aktuell ganz klar auf eine wirtschaftliche Abschwächung im ersten Halbjahr, die auch eine gemäßigte Rezession mit sich bringen kann. Für die Eurozone erwarten wir zwei Quartale mit rückläufigem Wachstum. Die Schweiz wird eine Rezession vermeiden können.

Die Nachbeben, die den Erschütterungen folgen dürften, werden auch den fundamentalen Bereich betreffen. Wachstum, Geldpolitik und Inflation dürfte in der Bedeutung für die Märkte neu definiert werden, verbunden mit einer stärker traditionellen Ausrichtung und Aufgabenteilung von Geld- und Fiskalpolitik.

Das alles wissen die Notenbanken, und deswegen dürften sie nicht Gewehr bei Fuß stehen, um den Märkten baldmöglichst unter die Arme zu greifen. Die Markterwartungen für den Höhepunkt des Notenbankzinses – gemessen am Einlagesatz – schwanken derzeit um die drei Prozent; hier ist mehr zu erwarten. Aber ein Notenbankzins zwischen 3 und 3,5 Prozent wäre ja auch nicht kompatibel mit einer Inflation, die sich auf zweistelligem oder hohem einstelligem Niveau einpendelt. Dies bedeutet: hier ist vom Markt schon ein Rückgang eingepreist.

Die EZB hat in ihren kürzlich herausgegebenen „Staff-Projections“, unverblümt zum Ausdruck gebracht: „Erwartungen des Stabes“, Inflationserwartung von 6,3%, 3,4% für 2024 und 2,3% für 2025, nach voraussichtlich 8,4% im Durchschnitt dieses Jahres. Damit rechnet die EZB für den Zeitraum von 2022-2025 mit einer Geldentwertung (richtiger Geldvernichtung) von über 20% im Durchschnitt der einzelnen Länder.

Wie war der Handel im vergangenen Jahr für die von uns geführten Anleger-Portfolios: Mühsam, steinig und dornenreich!

Der Handel mit Währungen ist so technisch- und geschwindigkeitsbasiert (Algorithmic-Trading), dass ein Händler in der Regel fast nur noch wie ein Controller agieren kann. Da Algorithmen sich jedoch mit Chaos und Marktverwerfungen wie wir diese im vergangenen Jahr verzeichnen mussten, äußert schwer tun, ist es die Aufgabe der Händler überzogene Drawdowns oder gar Verluste weitestgehend zu vermeiden. Die größte Verpflichtung sehen wir daher im realen Erhalt des uns anvertrauten Vermögens. Die Gewinne stellen sich über die Zeit ein, das können wir aufgrund unserer nunmehr 13-jährigen Leistungsbilanz mit Stolz belegen.

Auch wenn weit über 90% des Handels vollautomatisiert abläuft, ganz ohne den Menschen dahinter geht es aber nicht. Dies gilt im Besonderen in Krisenzeiten wie im abgelaufenen Jahr. Die Systeme, mit denen beim automatisierten Handel gearbeitet wird, sind von Menschenhand programmiert und installiert worden und werden durch sie in Betrieb genommen und ständig überwacht. Der Schlüssel zum Erfolg ist das Zusammenwirken von quantitativer Steuerung und aktives Management und das war gefordert im letzten Jahr.

Wir schlossen das Jahr 2022 im Querschnitt aller unserer Konten mit einem Gewinn von plus 2,8% netto ab. Wir müssen für uns konstatieren, dass dies einer der schwächsten Werte in unserer jährlichen Historie darstellt. Demoralisierend ist der Wert allerdings nicht! Nach diesem rabenschwarzen Jahr setzen wir uns damit immer noch weit von unseren Mitbewerbern ab, die allesamt hohe, ja schmerzhafte Verluste ihren Anlegern ausweisen müssen. Überdies erzielen wir im Querschnitt der letzten fünf Jahre damit ein Ergebnis von 13,68% netto pro anno – was uns wiederum deutlich von anderen Anlageklassen abhebt.

In das neue Jahr gehen wir trotz negativen Vorzeichen durchaus mit Zuversicht; denn die Spielräume der Notenbanken, die im Währungsmanagement von höchster Präferenz sind – und über die letzten Jahre zum Teil unberechenbar waren – sind eng geworden. Verwerfungen sind daher von dieser Seite kaum noch zu erwarten. Die Inflation bleibt wie beschrieben auf hohem Niveau, ist somit kalkulierbar und die Pandemie ist kein Thema mehr für die Finanzmärkte. Bleibt die Frage zur Energie und zu den geostrategischen Auswirkungen durch den Krieg in der Ukraine, die man aktuell nicht wirklich zu prognostizieren vermag. Dem müssen wir uns stellen.

Die Zukunft kann man jedoch am besten voraussagen, wenn man sie schon heute selbst gestaltet.

Daher bleibt unser Bestreben – wie in den vergangen 13 Jahren – eine Zielrendite von 10% plus x netto zu erlangen – unter Beachtung höchster Sorgfalt und Wachsamkeit für die uns anvertrauten Vermögenswerte!

Wir wünschen uns allen ein gesundes und erfolgreiches Jahr.

DANIEL FREI
WINBRIDGE ASSET MANAGEMENT GMBH